Ein neues Gerichtsurteil gibt Unternehmern, die ein Handwerk als Reisegewerbe (§ 55 ff., GewO) betreiben eine Richtschnur zur Frage der Internetwerbung an die Hand. Am 3. Dezember 2009 hat das Oberlandesgericht in Frankfurt/Main über den Webauftritt eines Reisegewerbe treibenden Dachdeckenunternehmers entschieden (6 U 178/08). Der Zentralverband des deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH) hatte eine Klage wegen des unlauteren Wettbewerbs eingereicht.
Kurz zum Reisegewerbe:
Das Reisegewerbe ist eine Möglichkeit einen Handwerksbetrieb ohne Meistertitel in Deutschland zu betreiben, und es ist mittlerweile sehr populär geworden. Besonders Frisöre, Dachdecker, Zimmerer und Zweiradmechaniker gründeten in den vergangenen Jahren einen Reisegewerbebetrieb. Im Reisegewerbe sind grundsätzlich viele Gewerbetätigkeiten möglich. Seit 2004 ist kein Handwerksberuf mehr ausgenommen. Der wesentliche Unterschied zwischen einem „stehenden“ (Meister) Betrieb und einem „Reisegewerbe“: Beim Meisterbetrieb muss die Initiative zum Auftrag vom Kunden ausgehen („Meister Müller, bitte reparieren Sie meine Treppe“). Beim Reisegwerbe muss die Inititative zum Auftrag vom Unternehmer ausgehen („Guten Tag, ich bin Frisörin im Reisegewerbe. Ich würde Ihnen gerne die Haare frisieren, hätten Sie Lust?“)
Folgende Fragen stellen sich immer wieder:
1.Darf ein Reisegewerbebetrieb im Internet werben?
2.Stellt die Webseite eines Reisegewerblers eine unlautere Werbemethode dar?
3.Führt der meisterfreie Betrieb die Betrachter seiner Website in die Irre?
Hier findet sich ein älterer Artikel zur Werbung im Reisegewerbe.
Und hier geht es zum Wikipedia-Artikel über das Reisegewerbe:
Zum aktuellen Fall:
Die Kerngedanken des Urteils können anderen Handwerkern als Richtschnur gelten, wenngleich das OLG Frankfurt seinem Urteil selbst keine grundsätzliche Bedeutung beimessen will. Der Volltext des Urteils findet sich hier.
Im vorliegenden Fall wirbt ein Dachdecker im Reisegewerbe unter www.gutgedacht.com.
Der Reisegewerbetreibende hat im Prozess deutlich gemacht, dass er niemandem, der auf die Internetwerbung hin an ihn herantritt, ein Angebot für eine Dachdeckerleistung unterbreitet. Also kann durch den Internetauftritt kein Nachteil für die im Wettbewerb stehenden Meisterkollegen entstehen. Denn Kunden, die über die Webseite ein Angebot einholen möchten werden vom Reisegewerbe-Dachdecker kein Angebot bekommen. Zwar kann es grundsätzlich schon als unlauterer Wettbewerb angesehen werden, wenn der Kunde sich durch (Internet)Werbung „näher“ mit dem Angebot des Werbenden auseinandersetzt. Aber hier machte der Dachdecker vor Gericht deutlich, dass Kunden, die auf ihn als Reisegewerbe-Unternehmer zugehen gar nicht die Möglichkeit haben, ein Angebot des Reisegewerbetreibenden zu bekommen. Daher reicht auch die sogenannte „Bejahung der Relevanz“ an dieser Stelle nicht zu einer Verurteilung. Dem Gericht ist also wichtig, dass in keinem Falle ein Angebot ergeht, nachdem der Kunde durch Werbung motiviert darum bittet.
Sehr wohl kann der Dachdecker hier aber auf Anfragen von Kunden reagieren, soweit sie nicht das Reisegewerbe betreffen. Also z.B. „Beratung bei der Auswahl und Verkauf von geeigneten Baustoffen rund ums Haus, Bauwerksabdichtung, Dachschmuck usw.“ Eine Irreführung des Verbrauchers hat der Reisegewerbetreibende nicht vorgenommen, weil er:
1.bereits auf der Startseite auf seine Tätigkeit im Reisegewerbe hinwies und diesen Hinweis auf weiteren Seiten des Internetauftritts wiederholte.
2.Zitat aus dem Urteil“ Es ist dem Beklagten nicht zuzumuten, über die mitgeteilten Informationen hinaus noch deutlicher klar zustellen, dass er kein stehendes Gewerbe betreibt, nicht in die Handwerksrolle eingetragen ist.“
Zwei Dinge sind wichtig:
Zum einen: Die Deutlichkeit, mit der der Betroffene Dachdecker überall auf sein Reisegewerbe hinwies. Und damit keinen Zweifel und kaum eine Verwechslung zu ließ, dass es sich bei seinem Unternehmen um einen „stehenden“ (also Meister.) Betrieb handele, haben hier schließlich die Vorwürfe des ZVDH abwehren können.
Zum andern: Die Klare Definition als Reisegewerbebetrieb, so machte er deutlich, dass er keine Angebote auf Anfragen aus dem Kundenkreis hin unterbreitet.
Ein Musterprozess:
Der ZVDH hat sich in seinem Geschäftsbericht 2008 zu dem „Musterprozess geäußert:
„Klassische Lücke: Ausübung des Dachdeckerhandwerks im Reisegewerbe
Nachdem das Bundesverfassungsgericht vor etwa zwei Jahren in einem Musterprozess festgestellt hatte, dass eine Reisegewerbekarte unabhängig von der Handwerksordnung in jedem Gewerbezweig ausgestellt werden kann, also auch im Dachdeckerhandwerk, hat es hier eine deutliche Zunahme der Aktivitäten am Markt gegeben. Unverhohlen werben einige Inhaber von Reisegewerbekarten im Internet für ihre Betriebe. Die ehemalige Dach- und Fassadenhai-Szenerie versteckt sich immer mehr hinter der Scheinlegitimation der Reisegewerbekarte. Der Zentralverband steuert bei diesen Entwicklungen deutlich dagegen. So wird z. Zt. ein Musterprozess gemeinsam mit der Wettbewerbszentrale vorbereitet, um Inhabern von Reisegewerbekarten eine betriebliche Werbung im Internet zu untersagen.“
Wenn der Zentralverband es selbst als Musterprozess hinstellt, so sollte die öffentliche und versteckte Diffamierung der meisterfreien Kollegen nun endlich zur Ruhe kommen.
Stephan H.
5 Januar , 2010
Ein gutes Urteil, lange überfällig. Der ZDH wird aber wohl kaum Ruhe geben, sondern seine Aktivitäten vermutlich mehr auf Einflußnahme auf Abgeordnete verlegen.
Es muß daher weiterhin umso deutlicher publiziert werden, daß die Mehrheit der Reisegewerbetreibenden keine „Haie“ sind, sondern ehrliche, aufrichtige Handwerker, die Qualitätsarbeit leisten können- nur vielleicht eben nicht das Geld und die Zeit für einen Meisterbrief aufbringen wollen/können.
auerochse
5 Januar , 2010
Hallo Stephan,
dem kann ich nur zum Teil zustimmen. Das muss zwar gemacht werden (von wem?) und einige sind da ja auch dran (BUH…). Die Medien reagieren nicht so, wie es notwendig wäre. Und wenn sie es täten, ist noch die Frage, ob die Politik das überhaupt mit bekäme. Dazu haben die grad viel um die Ohren.
Darum finde ich es (auch) wichtig, direkt an die Politik ranzutreten, etwa bei http://www.abgeordnetenwatch.de, oder mit Emails an die Politiker, noch besser: Gespräche in der Sprechstunde im Wahlkreis, oder bei Empfängen, Diskussionsveranstaltungen…
Das organisierte Handwerk macht sich laut: sogar mit einer 50 Millionen Euro teuren Imagekampagne ab Mitte Januar!
Dann sollten freie Handwerker auch endlich mal anfangen zu trommeln, jeder Einzelne quer durchs Land und auf allen Ebenen.
Mir ist es einfach zu wenig, darauf zu hoffen:
– das Presse einen Artikel druckt
– das Politik diesen Artikel liest
– das Politik aufgrund des Artikels handelt
Wir können doch mehr!
Johannes L.
18 Januar , 2010
Dass Politiker immer noch nur Zuschauer sind und nicht handeln ist ein Skandal.
Reisegewerbe,Meisterbetriebe-was soll der Quatsch.Die ganze Diskriminierung muss auch in hinblick auf das Grundgesetzt eingestellt werden.Auf der Internetseite portal21.de sind die Zulassungsbeschränkungen der EU-Länder und der CH dargestellt.
So ein Bollwerk wie die deutsche Handwerksordnung ist in Europa einmalig.
Ulrich Wehpke
3 Juni , 2011
Ich möchte mal kurz meinen eigenen Weg beschreiben: Als „Schwarzarbeiter“ war ich, getarnt durch einen Einzelhandel, seit 20 Jahren selbständig und habe ohne einen Meister zu beschäftigen, ununterbrochen mehrere Arbeitnehmer beschäftigt. Die Folge waren Prozesse.
Als deren Folge, sollte mir dann (das Ärgernis muss weg!) die Ausnahmegenehmigung (mit Befürwortung des Verw.Gerichtes) verabreicht werden, welche ich jedoch ausgeschlagen habe. Statt dessen bat ich um die Zulassung zur MP, die mir bis dahin wegen fehlender Eingangsvoraussetzungen nicht erteilt wurde. Mit der Hilfe des Gerichtes ging das dann aber tatsächlich.
Die HWK empfahl mir den Besuch einer Meisterschule. Das konnte ich aus zeitlichen Gründen nicht stemmen. Außerdem habe ich dem Leiter der Handwerksrolle Düsseldorf seinerzeit folgendes erklärt:
Wenn der große Befähigungsnachweis überhaupt einen Sinn hat, dann doch wohl den, bei einem Beginner der Selbständigkeit, die erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten abzuprüfen, damit dieser nicht nach zwei oder drei Jahren das Handtuch werfen muss. Wenn man nun berücksichtigte, dass ich seinerzeit bereits 20 Jahre selbständiger Unternehmertätigkeit als Handwerker hinter mir hatte, stellte sich doch eigentlich mehr die Frage, wie wirklichkeitsnah die MP denn überhaupt sei, da ich ja die erforderlichen Fähigkeiten nun schon lange, erfolgreich unter Beweis gestellt hätte.
Die Prüfung, Teil drei und vier, erfolgte bereits eine Woche später, (!) ich habe sie ohne jegliche Vorbereitung, sozusagen aus dem Ärmel geschüttelt bestanden, gut bestanden. Aus der Erinnerung weiß ich, dass ich bei keiner der fragen unsicher war, ich habe sie alle aus der Praxis heraus gewusst und richtigt beantwortet. Die gestellte Buchführungsaufgabe ließ sich wegen einer vollkommen falsch gestellten Buchungsvorgängen gar nicht lösen, mein Hinweis darauf beim Leiter der Prüfung, brachte mir in diesem Bereich die höchste Punktzahl ein.
Ganz anders dann der praktische Teil: Hier hatte man, wohl aus Sicherheisgründen, nicht nur mein eingereichtes Meisterstück abgelehnt, weil ich nicht beweisen konnte dass ich es persönlich angefertigt hatte (Der Herr Schaumeister war einfach nicht zur Kontrolle erschienen und hat dann beim Prüfungstermin gesagt, er könne nicht bestätigen, dass ich das Meisterstück selbst gefertigt hätte). Zur Sicherheit hatte man sogar das Pflichtstück, die so gen. Arbeitsprobe vertauscht.
Ich musste also ein zweites Mal hin. Nach den gemachten Erfahrungen war der Erfolg dann aber gewährleistet. DerSchaumeister hatte keine Chgance mehr, weil ich ihn mehrfach mit der Arbeit unter Zeugen aufgesucht habe, ferner hatte ich eine ganze Fotodokumentation gefertigt, und die Arbeitsprobe hatte ich ganz deutlich sichtbar markiert. OK, das war es dann.
Ich schreibe diese Erinnerungen deshalb nieder, weil die Meisterprüfung für einen ordentlichen Fachmann, vor allem dann wenn er seine Tätigkeit bereits einige Jahre selbständig erfolgreich ausgeübt hat, überhaupt kein Problem darstellt. Was da abgeprüft wird, ist das Wissen welches Lehrlingen in der BS vermittelt wird, etwas Allgemeinbildung und halt der Beweis beruflicher, praktischer Kenntnisse und Fertigkeiten. Auf gut Deutsch: Das Ganze ist eigentlich eine Lachtablette!
frank büchel
25 Oktober , 2011
Hallo ich selber bin Dachdeckermeister,
Ich finde es nicht gut, das im Reisegewerbe kein Meistertitel erforderlich ist, Da sollte man was gegen tun, denn so wird der ganze Markt versaut, weil jeder Wild herumkalkuliert und meint er wäre der Große Könner
Wo werden wir denn mit dieser Regelung in ein Paar Jahren Landen?
auerochse
17 November , 2011
An alle Kommentatoren: Ich bitte um ENTSCHULDIGUNG, ich habe einen Emailwechsel vollzogen, und hier lange nicht mehr reingeschaut. So musstet Ihr teilweise ewig auf die Freischaltung Eurer Kommentare warten – das tut mir leid.
auerochse
17 November , 2011
@frank büchel: Nur erst einmal ganz kurz:
Ich verstehe nicht, was Du meinst mit „es wird der ganze Markt versaut“. Magst Du das noch etwas näher erläutern?
Das mit der Kalkulation verstehe ich nichit – es gibt sehr erfolgreiche Gaststätten, die seit jahrzehnten am Markt sind, ohne dass dort je ein Meister in der Küche oder am Zapfhahn stand. Es gibt das sogar mit Fillialen. Auch zehntausende Einzelhandelsgeschäfte kalkulieren erfolgreich am Markt, ohne Meistertitel. Es gibt auch andere Bereiche der gewerblichen Wirtschaft, wo das zutrifft. Nur wir Handwerker erklären uns immer wieder selbst für zu blöde, ohne Meisterprüfung, nachhaltig und erfolgreich am Markt bestehen zu können. Wo kommt das nur her. Wir sind doch nicht schlechter als andere Menschen.
Im Übrigen – wenn Du schreibst “ Wo werden wir denn mit dieser Regelung in ein Paar Jahren Landen?“ – Also das Reisegewerbe ist älter als das stehende Gewerbe -also als die Meisterbetriebe. Aber das sei mal dahin gestellt. In unserer Republik ist das Reisegewerbe parallel zur Handwerksordnung seit 1953 seinen Weg gegangen – ich verstehe nicht, was du dann für die nächsten Jahre neues oder gar schlimmes erwartest?
Aber schön, das wir hier diskutieren – bin auf die Reaktionen gespannt!
Manuel
17 November , 2011
Hallo zusammen, ich selber kann nicht nachvollziehen das reisende “ billig“ anbieten ( Markt versaut)sollten da ich selber bisher wenig Neubauten eingedeckt habe weil ich fast immer zu “ teuer“ war. Meine Erfahrung nach unterbieten sich die Handwerker im stehenden Gewerbe ( ohne jetzt irgendein Feindbild aufzubauen) selber. Das Sie (Frank Büchel) schlechte Erfahrung gemacht haben tut mir leid aber ich denke das sie die sogenannten“ Dachhaie“ meinen die irrtümlicher Weise als Reisende tituliert werden. Aber es gibt eine vielzahl von seriösen Reisegewerbetreibenden die unter den nichtinformierten Handwerkern ( reisegewerbe hat mit dachhaien nichts zu tun) leiden. Hoffe das Sie mit ein bischen gerechtfertigte Kritik umgehen können und erwarte spannend Ihre Antwort.
Mit freundlichem Gruß
Manuel
Dachdecker im Reisegewerbe
mikail
16 Dezember , 2012
die handwerkskammern müssten gegeneinander konkurrieren, in dem sie gesetzlich dazu verpflichtet werden durchfallraten mit dem dazugerörigen berufszweig zu veröffentlichen. ferner müsste jeder, der sich an einer meisterschule anmelden will, vorher im internet angucken können, w e r im prüfungsausschuss sitzt.
die handwerkskammern sind organisiert und miteinander verbunden. im prüfungsausschuss sitzen selbsständige meister, die höhenwahn haben und sich die potenzielle (zukünftige) konkurrenz vom hals halten wollen, indem sie die prüfungsverordnungen (schwierigkeitsgrad) so gestalten, wie sie wollen.
dadurch können sie die prüfungsteilnehmer je nach belieben aufs glatteis führen.
das ist für mich organisiertes verbrechen und hochgradig kriminell.
es sitzen in den handwerkskammern leute, die gehalt beziehen, um zukünftige existensgründer im handwerk zu beraten. dies wird bewusst nicht gemacht, eher versucht man den leuten steine in den weg zu stellen.
diese handwerkskammern müssen sofort auf eine rote liste, die veröffentlicht wird mit namen der jeweiligen personen, die dort arbeiten.
das ist purer rassismus und discrimierung im handwerk und dient in keinster weise zur förderung einer wirtschaft.
man könnte auch sagen: schwarzarbeit wird staatlich gefördert, so lange die solvente kundschaft (also die, die eine rechnung brauchen) bei den fetten schweinen bleibt.
Lars
24 März , 2013
Hallo zusammen, kurz zu mir. Bin angehender HM und sitze derzeit in Abendschule am Teil 1u.2 . Bin 14 J. selbständig im Handwerk tätig, habe 2004 den Teil 3u.4 HM erfolgreich absolviert und im Anschluß 2005 den Betriebswirt im Handwerk. Da der Betriebswirt über dem HM steht u. ich mitlerweile über eine Berufserfahrung von über 24 Jahren verfüge, könnte man meinen, daß ich nun über genügend praktische sowie theoretische Kenntnisse verfüge, die mich berechtigen einen Handwerksbetrieb führen zu können, Lehrlinge auszubilden usw. Dennoch muss ich sagen, das es in der Ausbildung zum HM , auf speziellen Gebieten, immer wieder Fachgebiete und Details gibt, die mir bis dahin unbekannt waren bzw neu sind. Deshalb und geschuldet der Tatsache, dass ich mein Handwerk gern ausübe, immer bestrebt bin dazu zu lernen und viel von Traditionen im Handwerk halte, bin ich dankbar für das vermittelte Wissen. Letztlich sind dies Hochschulabschlüsse und niemand sollte sich anmaßen zu behaupten das er Aufgrund eines Gesellenbriefes bzw. eines Reisegewerbescheins genügend praktische Fähigkeiten sowie ausreichend Kenntnisse im Bereich Unternehmensführung/leitung besitzt. Sicher gibt es Ausnahmen, der größte Teil jedoch nicht. Meiner Meinung nach, sollten wir in Deutschland , speziell im zulassungspflichtigen Vollhandwerk froh sein : dass es Handwerkskammern usw gibt, die zwar verschiedene Befähigungsnachweise fordern , uns jedoch dadurch den Rücken freihalten im Bezug auf osteuropäische Kollegen die uns hier sonst gnadenlos mit Billiglöhnen/Preisen überennen würden. Siehe Trockenbau, Putzerhandwerk usw. Ich für meinen Teil finde es , auch aus traditionellen Gründen sehr gut und auch wichtig, dass es den HM oder höhere Abschlüsse als Berechtigung/Nachweise gibt und wäre dafür, dass die ganzen anderen Schlupflöcher wie Altgesellenreglung ( glaube schon abgeschaft) , Reisegewerbe usw. abgeschaft werden und alle mit dem gleichen Maß gemessen werden.Es steht jeden frei sich weiter zu bilden, so teuer ist das nicht ( wird gefördert u. bei bestandener Prüfung wird ein Teil erlassen)und auf Abendsschule auch erträglich. Sollen in Zukunft Lehrlinge oder Gesellen Lehrlinge ausbilden ??!! Denkt einmal an Zeiten zurück, wo es dem Handwerk richtig gut ging und warum das so war!!! Da gab es solchen Quatsch wie den Sub vom Sub vom Sub nicht!!! Es wurden Fähigkeiten/Fertigkeiten traditionell vom Meister an den Gesellen usw weitergegeben ,damit bewahrt und ein gewisser Qualitätsstandart garantiert.Heute hat man im HW schon zu tun Dinge zu bauen die wenigstens 20 jahre halten.Wer sein Handwerk liebt u. gern ausübt wird mich sicher verstehen. Für alle anderen, — nicht angegriffen fühlen—. Und nocheinmal, ich wäre nicht verpflichtet gewesen, den Teil 1u. 2 noch zu absolvieren, bin allerdings sehr froh darüber mich dafür entschieden zu haben. Fazit: Für jeden in Deutschland die gleichen Voraussetzungen schaffen: heißt den MB als Mindestvoraussetzung um sein Handwerk selbständig ausführen zu können u. alle anderen Irrwege abschaffen!! Folge davon: höherer Qualitätsstandart, bessere Preise am Markt , besser ausgebildete Fachkräfte ,bessere Übersicht für den Kunden, keine Angst vor Kontrollen uvm. und damit extrem wichtig:: der Ruf des Handwerkers und sein Ansehen wird wieder steigen und ein Vater kann seinem Sohn/Tochter mit ruhigen Gewissen raten, einen Handwerksberuf zu erlernen!! Mit handwerklichen Grüßen Lars
auerochse
27 März , 2013
Hallo Lars,
erst mal wünsche ich Dir viel Erfolg beim Lernen und bei Deiner Prüfung!
Genauso, wie Du es gerade machst finde ich es ja auch richtig – freiwillig den Meistertitel zu erarbeiten, weil es Dir persönlich wichtig ist. Und Du schreibst selbst vorher jahrelang im Handwerk selbständig gewesen zu sein.
Diese freie Entscheidung, einen Titel führen zu wollen, oder nicht – das ist im Prinzip das, was ich mir für Deutschland wünsche. Also wie beispielsweise viele Hausärzte einfach Arzt sind, und einige sich entschieden, den Dr. Titel zu erlangen. Leider ist die Realität in Deutschland ein bisschen anders – und komplizierter.
Wer sich meisterfrei selbständig macht (und da gibt es Möglichkeiten. Neben dem Reisegewerbe etwa den unerheblichen handwerklichen Nebenbetrieb, oder das was man mal „Minderhandwerk“ nannte, oder einen IHK-Beruf, letztlich zählen dann auch Betriebe aus dem EU-Raum dazu (ob nun via Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit, und manches andere). Wer also so einen – l e g a l e n Weg geht, der bekommt von den Interessenvertretungen Handwerkskammer, Innungen (oder Kreishandwerkerschaften) und den Ordnungsbehörden sehr schnell mächtigen Ärger.
Und eines dieser Ärgernisse (für mich ist es ein Grundrechtseingriff, aber meinetwegen „Ärgernis“) ist das oben im Posting beschriebene „wir verbieten Dir eine Homepage zu betreiben“. Andere sind:
– Ein Verbot überhaupt werben zu dürfen (versucht Niedersachsen gerade bundesweit durch zu boxen)
– Ein Verbot Visitenkarten zu verteilen
– Bußgeldbescheide, weil man seiner Arbeit nach kam
– Gewerbeuntersagungen von steuerzahlenden und Sozialabgaben abführenden Betrieben
– und sogar HAUSDURCSUCHUNGEN, nur wegen der Frage „Wurde hier Konkurrenz zu einem Meisterbetrieb ausgeübt“?
Diese Liste lässt sich fortführen.
Will sagen: Alle lassen Dir Deine Freiheit, den Weg des Meistertitels zu gehen. Alle lassen der Industrie die Freiheit ihren Weg ohne Meisterzwang zu gehen. 2003/04 wurden über 50 Berufe in die „Meisterfreiheit“ entlassen (unter erbostem, zweijährigem Widerspruch der Interessenvertreter aus den Handwerkskammern). EU-Betriebe haben (fast) alle Freiheiten grenzüberschreitend nach Deutschland hinein zu handwerken.
Und dann gibt es immer wieder Stimmen aus der „Meisterschaft“ – die ausgerechnet der Meisterfreiheit den Hals umdrehen möchten.
Und das klingt so widersinnig – wenn gerade Meister eine so tolle Ausbildung erfahren haben, warum benötigen sie dann einen Markt, der durch den Meisterzwang abgeschottet wird? Denn wer gut ist, wer selbstbewusst hinter seinen Produkten steht, wer innovatives Denken gelernt hat, warum muss der ausgerechnet immer so ewig gestrig argumentieren?
Und die Zahlen sprechen auch eine andere Sprache – aber das ist ein anderes Thema. Nur in einem Satz: Das Handwerk bildet seit 15 Jahren kontinuierlich weniger aus. Bei Industrie und Handel ist es umgekehrt. Obwohl in der Öffentlichkeit immer ein anderes Bild erzeugt wird.
So, ich könnte noch Stunden….. hier aber erst mal Schluss.
Wie gesagt Lars, ich wünsche Dir viel Glück beim Meisterweg und sende freiheitliche Grüße